Interview mit einer D*I*V*A
Grand Prix Eurovision de la Chanson - dieser Name steht für das schwülstig-schrille Fernseh-Ereignis. Der diesjährige Wettbewerb ist so schräg wie nie zuvor: Deutschland schickt den Schlaghosen-Terroristen Gildo Horn ins Schlager-Rennen, und Israel sendet seinen schönsten Exportartikel seit der Jaffa-Orange, die transsexuelle Dana International, die von Jean Paul Gaultier ein-gekleidet wird. Das deutsch-israelische Traumpaar wird am 9. Mai in Birmingham nacheinan-der auftreten (Nr. 8 u. 9). sergej traf Dana International in Tel Aviv und sprach mit der orientalischen Diva über Toleranz, Karriere...
- Shalom Dana!
Dana: Guten Tag, wie geht's?
- Oh, sprichst du Deutsch?
Dana: "Nein, ich beherrsche nur ein paar Worte und Redewendungen. Ich war Anfang der Neunziger in Deutschland. Ich traute mich zu jenem Zeitpunkt nicht nach Berlin und Ostdeutschland zu reisen, weil dort Ausländer angegrif-fen wurden. An Hamburg habe ich sehr gute Erinnerungen. Dort wurde ich völlig akzeptiert."
- Du meinst, akzeptiert als Transsexuelle?
Dana: "Ja, man hat mich in Geschäften genauso zuvorkommend behandelt wie jede andere auch, obwohl offensichtlich war, daß ich eine Transsexuelle bin. In einer Nobelboutique in Tel Aviv fühlt man sich zu fein, eine transsexuelle Kundin zu haben - auch wenn diese eine bekannte Sängerin ist. Da zeigt sich, daß Stil nicht unbedingt etwas mit einem teuren Namen zu tun haben muß."
- Stößt du in deinem Alltag oft auf Ablehnung und Intoleranz?
Dana: "Nein, eigentlich nicht, Tel Aviv ist eine weltoffene und moderne Stadt. Nicht ohne Grund wird diese Stadt als Israels Tor zu Welt bezeichnet. Hier leben viele Menschen, die nicht dem Durchschnitt-Israeli und nicht dem ultra-religiösen Juden entsprechen und entsprechen wollen."
- Mit den Ultra-religiösen und Orthodoxen hast Du ja bekanntlich Schwierigkeiten...
Dana: "Das kann man wohl sagen! Sodom und Gommorah bin ich angeblich, sagen sie über mich. Woher wollen sie das denn wissen, frage ich. Sind sie damals dabeigewesen?"
- Du singst In Hebräisch, Arabisch und Englisch. Möchtest du auf diese Weise für Toleranz und Verständigung werben - speziell für den Nahen Osten? Überspitzt gefragt: Bist du die langersehnte Friedenstaube dieser Region?
Dana: "Nein, für den Frieden müssen Andere sorgen. Und ich möchte kein Symbol sein. Ich bin eine israelische Sängerin - weiter nichts. Der Grund warum ich in diesen Sprachen singe ist, daß ich viele Merschen erreichen möchte. In Ägypten zum Beispiel ist meine Musik ein großer Renner, auch wenn sie offiziell verboten ist, weil ich Israelin bin."
- Das ist absolut lächerlich!
Dana: "Und ob! Zumal es wenig Berührungsängste zwischen Moslems und Juden geben muß. Ich sehe es immer wieder unter den Schwulen - dort wird schon lange Völkerverständigung praktiziert, wenn Du weiß, was ich meine... Und das ist auch gut so!"
- Mit welchen Erwartungen fährst Du zum Grand Prix?
Dana: "Für mich ist mit der Teilnahme ein großer Traum in Erfüllung gegangen. Ich möchte einfach nur dort sein und für Israel singen. Dann werden wir wei-tersehen. Dies alles ist wie ein gelebter Traum. Ich bin sehr aufgeregt!"
- Wir wünschen Dir viel Glück. Du bist eigentlich Jetzt schon inoffizielle Siegerin. Und vielleicht werden wir Dich als offizielle Gewinnerin des Grand Prix '98 in Berlin begrüßen dürfen.
Dana (lacht): "Ja, vielleicht. Ich würde mich sehr freuen, Berlin kennenzulernen. Tschüß Berlin und Schalom"
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