Ein Lichtstrahl für Israel
Jubel um den Grand-Prix-Sieg von Dana International bringt Ultraorthodoxe in die Defensive
Jerusalem nächster Austragungsort
Tel Aviv - Bis zum frühen Sonntagmorgen haben auf dem Rabin-Platz in Tel Aviv vor allem Angehörige der israelischen Schwulen- und Lesben-Szene der Sieg von Dana International und ihres Songs "Diva" beim Eurovisionswettbewerb in Birmingham karnevalsmäßig gefeiert.
Dana, die derzeit beliebteste israelische Sängerin, war die erste Transsexuelle, die je an dem Wettbewerb teilnahm: Dana wurde 1972 als Yaron Cohen geboren und ließ sich 1992 in London äußerlich in eine Frau umoperieren. In Israel hatten Ultraorthodoxe zunächst gedroht, Danas Auftritt in Birmingham gewaltsam zu verhindern. Vizegesundheitsminister Schlomo Ben-Isri von der religiösen Schas-Partei, hatte Dana "eine Stimme des Satans" genannt und sie als eine "Schande für das jüdische Volk" bezeichnet. Danas Sieg bedeutet nicht nur einen immensen Triumph für die israelische Schwulenszene, sondern einen Lichtstrahl für Israel in politisch und wirtschaftlich deprimierenden Zeiten rund um seinen 50. Geburtstag. Der nächste Eurovisionswettbewerb wird in Jerusalem stattfinden, was nur die Sicherheitskräfte und das Finanzministerium zu beunruhigen scheint. Die Kosten der Ausrichtung des Wettbewerbs werden auf mindestens 70 Millionen Dollar geschätzt.
Pikanterweise war auf dem Rabin-Platz drei Stunden vor den Freudenfesten zum Dana-Sieg die bisher größte Demonstration gegen religiösen Zwang zu Ende gegangen, an der - trotz Regen, Eurovision und einem gleichzeitig im Tel Aviver Jarkon-Park stattfindenden Konzert des israelischen Popstars Aviv Gefen - knapp 100000 Menschen teilnahmen. Die Demo war nur einen Tag zuvor von EMI, der israelischen Künstlervereinigung, unter dem Motto "Ein freies Volk in einem freien Land" organisiert worden, um gegen die Zensur des Batschewa-Balletts bei Israels Jubiläumsfeierlichkeiten vor zehn Tagen und generell gegen religiöse Einmischung in das Zivil-, Kultur- und Geistesleben Israels zu protestieren. Bei der zweistündigen Veranstaltung traten populäre Sänger, Schauspieler, Politiker sowie der Siedler-Rabbiner Menachem Fruman auf. Er bekannte, manche Ausdrücke israelischen Kulturlebens zu verabscheuen, trat jedoch für die Freiheit der Darstellung und des "Wegschauens" ein. Die Demonstration richte sich nicht gegen Religion oder Gläubige, sondern gegen Versuche ultraorthodoxer Politiker, einer weltlichen Mehrheit ihre Werte aufzuzwingen, betonte Meretz-Führer Jossi Sarid. Wahrend sich die Königin Batschewa, wie in der Bibel belegt, vor König David entkleidet habe, so Sarid, hatten die Ultraorthodoxen in Jerusalem verlangt, daß sie sich "lange Unterhosen" anziehe. Damit spielte er auf die vom Batschewa-Ballett durch Boykott zurückgewiesene Forderung religiöser Politiker an, eine Szene aus dem Tanzstück Anaphase in Leggins statt in Unterwäsche zu tanzen. Der Tel Aviver Bürgermeister Ronni Milo, der vor einer Woche seine Kandidatur zum Ministerpräsidenten mit einer Kampfansage gegen religiöse Unterdrückung verknüpft hatte, nannte die Ultraorthodoxen "Parasiten", die sich von der säkularen Bevölkerung nicht nur verteidigen, sondern auch finanziell aushalten ließen. Alle Redner traten für eine seit langem überfällige Trennung zwischen Staat und Religion in Israel ein.
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